Altes, vergangenes Dorf

Ein altes Dorf, wie man es aus dem Geschichtsbuch kennt.
Eine heruntergekommen Schule ist vorzufinden, zentral liegt ein Markt und einen guten Fußmarsch entfernt eine dreckige, verstaubte Steinkohlemine.

BL! gab Itazura von sich, während sie ihrem Bruder die Zunge rausstreckte und rannte dann los. Dieser Blödmann, ich räum doch mein Zimmer jetzt nicht auf! dachte sie sich genervt von ihm, blieb dabei aber nicht stehen. Ihr Blick streifte die langen Flure und suchte nach einem Versteck, wo ihr trotteliger Bruder sie nicht finden würde. Bei einem bremste sie dann ruckartig, ging ein paar Schritte zurück und bog hinein. Eigentlich sollte sie nicht in diesen Teil des Hauses gehen, aber ihr Vater war zurzeit außer Haus, also ging das ruhig mal.

Dieses Mädchen wird von Tag zu Tag anstrengender.. Yasashi rollte mit den Augen, zupfte noch schnell seine Krawatte zurecht und lief ihr dann hinterher. Eigentlich musste er gleich los zu einem Vorstellungsgespräch und er wollte auf keinen Fall zu spät kommen, aber er konnte Itazura jetzt auch nicht einfach im Haus herum irren lassen. Sein Blick wanderte über den Flur, sah noch aus dem Augenwinkel wie seine Schwester durch eine der Türen verschwand und lief sofort hinterher. Er übersah dabei, dass dies der Raum war, vor dem sein Vater ihn immer ferngehalten hatte. Ruckartig riss er die Tür auf und sah sich dann um. Itazura! Jetzt komm endlich her, du weißt, dass ich keine Zeit für deine Spielchen habe!

Nö, ich komm nicht und ich räum auch nicht auf!! schrie sie Yasashi an und drehte herum. Sie stand vor einer dieser komischen Maschinen, über die ihr Vater ihr nichts sagen wollte. Na warte mal, mindestens zu deinem Gespräch kommst du zu spät! schoss es ihr durch den Kopf und schon öffnete sie ein Ding und verschwand rein. Hol mich doch raus, wenn du so unbedingt willst, dass ich zu dir komme! , kommentierte sie ihr Handeln noch und schloss die Tür von dem Ding hinter sich wieder.

Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Langsam wurde Yasashi wütend und auch wenn sein Vater immer vor diesen Maschinen gewarnt hatte, stieg er nun hinein und griff Itazura am Handgelenk, um sie wieder heraus zu zerren. Doch plötzlich gab die Maschine ein lautes Knallen von sich und die Türen schlossen sich hinter ihm. Na super, sieht aus als wäre jetzt auch noch die Maschine kaputt.. Er versuchte die Türen wieder zu öffnen, jedoch vergeblich.

Da das hast du davon, du Idiot murrte Itazura nur und riss sich aus seinem Griff los. Ich wette das gibt richtig Ärger von Vater, wenn er wieder kommt! Mit einem Lächeln brachte sie diesen Satz über die Lippen, da der Ärger ihr nichts ausmachte. Im Heim hatte sie auch dauernd nur Ärger bekommen, also war sie, schon seit sie ganz klein ist, abgehärtet. Aufeinmal merkte sie aber ein Ruckeln an der Maschine und die Wände um die beiden herum leuchteten ab und zu auf. Hä, was ist denn jetzt los? dachte sie sich erschrocken, lies sich das neben ihrem doofen Bruder aber natürlich nicht ansehen. Nach einem kleinen Weilchen stand die Maschine wieder still und keine Lichter waren mehr zu sehen. Die Türen schienen sich nun wieder öffnen zu lassen.

Yasashi zuckte kurz erschrocken zusammen, als die Wände sich bewegten, entspannte sich dann aber wieder und warf seiner Schwester einen wütenden Blick zu. Wenn ich wegen ihr zu spät zum Gespräch komme, dann ist sie dran! Er wandte sich nun an die Türen, die sich plötzlich ganz leicht öffnen ließen. Als er den ersten Schritt hinaustrat glaubte er seinen Augen nicht. Vor ihm lag nicht der Raum, den er vor kurzem noch betreten hatte. Auf einmal befand er sich draußen. Der Himmel war klar und als er sich kurz umsah, erkannte er die Überreste eines alten Hauses. Ungläubig zwickte er sich in den Arm und zuckte daraufhin zusammen. Das muss ein Traum sein, ich sollte gleich aufwachen!

Alter, du hast das ganze Haus zerlegt. Und die Stadt auch meinte Itazura, die nun neben ihm stand. Na Herzlichen Glückwunsch, das erklär den Leuten mal! Sie drehte direkt ruckartig um, als sie wieder was knallen hörte und schon war die Maschine verschwunden. ...... Dazu wusste sie dann auch nichts mehr zu sagen. Oh weh, also sowas ist bei unseren Streitereien noch nie passiert.

Verwundert sah Yasashi zu dem Punkt, an dem eben noch die Maschine gestanden hatte. Dann sah er zu Itazura. Du denkst also wirklich, dass das meine Schuld ist? Du musstest doch unbedingt weglaufen, weil du mal wieder zu stur warst, um nur einmal auf mich zu hören! Seufzend ließ er sich auf den Trümmern eines alten Hauses nieder. Er hatte keinen Plan was gerade eben passiert ist. Es war unmöglich zu glauben, dass die Stadt zerstört wurde, aber eine bessere Erklärung konnte er auch nicht finden.

Itazura stöhnte genervt: Klar ist das deine Schuld! Sie ist doch eindeutig kaputt gegangen, als du da reingekommen bist! Dann stieg sie über die Trümmer, bis sie vor dem Haus war. Also, ich weiß ja nicht, was du machst, aber ich geh jetzt und schaue, ob hier wer ist, der sagen kann, was hier draußen passiert ist, während wir da drinnen waren! rief sie noch über die Schulter und ging dann schon zielstrebig in eine Richtung los.

Yasashi blieb ein wenig sitzen und stand dann widerwillig auf, um ihr zu folgen. Er wechselte kein Wort mit Itazura und am liebsten hätte er ihr schon längst den Hals umgedreht. Schweigend lief er also hinter ihr her und sah sich dabei um. Wenn wegen der Maschine tatsächlich die Stadt zerstört wurde, warum konnte er dann niemanden um Hilfe schreien hören? Hast du überhaupt eine Ahnung, wo du hingehst? fragte er schließlich.

Pff klar, da lang, siehst du doch, in die Richtung da halt murrte Itazura Augen verdrehend und lief weiter, bis sie irgendwann gegen einen Typen stieß, den sie gar nicht bemerkt hatte. Pass doch auf, wo du stehst! fuhr sie den direkt an und musterte ihn dann genauer. Er war komplett in weiß gekleidet, auch seine Haare hatten diese Farbe. Nur seine Augen waren lila und fielen nun auf sie un Yasashi. Oh, wer seid ihr denn? Euch kenne ich noch gar nicht. lächelte der Fremde freundlich, trotz Itazuras Bemerkung. Ich bin übrigens Moji Sakeme. Freut mich euch hier begrüßen zu dürfen.

Yasashi erschrack kurz, als der Mann plötzlich vor ihnen stand, auch er hatte nicht mitbekommen, dass jemand hier war. Er musterte den merkwürdigen Kerl kurz und nickte dann freundlich. Können Sie uns vielleicht sagen, was mit der Stadt passiert ist? fragte er nun höflich und versuchte Itazura mit einem Blick mitzuteilen, dass sie sich da raushalten soll.

Moji schwieg kurz und sah sich die beiden genauer an, ging dann aber auf Yasashi ein. Hm, was mit der Stadt passiert ist? Ehrlich gesagt kann ich mit dem Wort nichts anfangen, was soll das denn sein, eine Stadt?

Boah ehrlich?! fuhr Itazura ihn direkt wieder an. Verarschen können wir uns auch selber, wenn sie nichts wissen, sagen sie das einfach und lassen uns in Ruhe! Sichtlich genervt drehte sie sich von dem Mann weg und verschränkte die Arme.

Itazura! Sei nicht so unhöflich! fuhr Yasashi seine Schwester an und wandte sich dem Mann wieder zu. Ich nehme an, dass Sie dann auch nichts davon mitgekriegt haben. Haben Sie denn schon mit anderen Menschen geredet? Wissen die vielleicht etwas? Vielleicht hatte der Mann sich am Kopf verletzt oder so und war nun ein wenig verwirrt.

Moji schüttelte nur ruhig den Kopf. Genau genommen ist hier absolut nichts passiert. Wo kommt ihr überhaupt her? Aus Taimu werdet ihr wohl kaum sein ging er dann ins Fragen über.

Hä, aus was? fragte Itazura direkt irritiert nach.

Aus Taimu. Dem Dorf hier in der Nähe. lachte Moji leicht. Eigentlich sind wir ein ziemlich bekanntes Dorf in Toraberu, wir haben die größte Steinkohlemine in der Gegend und unsere Dorfschule hat auch einen ziemlich guten Ruf.

Itazura sah ihn zweifelnd an. Können wir mal ein Handy oderso haben? Dann können wir unseren Vater wenigstens anrufen.

Moji legte den Kopf schief. Ein was?

Ein Handy oder ein Telefon. Dann kann unser Vater uns hier abholen. Oder sie führen uns einfach zum nächsten Bahnhof. fuhr Yasashi fort. Der Typ blieb echt ruhig und glaubwürdig, dafür dass er anscheinend gerade versuchte den beiden einen Streich zu spielen.

Moji lachte auf. Ihr müsst eine lange Reise hinter euch haben, wenn ihr solch verwirrendes Zeugs redet. Aber das solltet ihr besser unterlassen, manche Leute werfen euch sonst noch vor Hexer zu sein und brennen wollt ihr sicher nicht. Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort. Hier gibt es weder ein Handy noch ein Telefon noch eine Stadt oder dieses andere Ding. Ich nehme mal an, euer Vater scheint nicht hier zu sein, wenn er euch hier abholen soll. Aber im Dorf gibt es ein Heim für Kinder ohne Eltern, warum kommt ihr nicht mit und bleibt solange da, bis er herkommt?

Itazura verstand gar nichts mehr und sah Yasashi verzweifelt an. Der Typ hatte doch echt keine Ahnung, was er da redete, der hatte bestimmt einiges Abbekommen, als die Stadt zerstört wurde.

Yasashi war genauso verzweifelt wie Itazura. Es wäre möglich, dass der Typ dachte, er würde in einer anderen Zeit leben. Seine Beschreibung dieses Dorfes passte gut zu einem alten Dorf aus der Zeit in der die Menschen noch an Hexen glaubten. Anders konnte er sich das Verhalten dieses Mannes nicht erklären. Demnach war es vielleicht auch nicht die schlauste Idee ihm zu folgen, aber er war ratlos und so nickte er dann. Vielleicht trafen sie dann ja unterwegs noch auf andere Leute, vorallem auf normalere, die ihnen endlich sagen konnten, was hier los war.

Moji lächelte freundlich, drehte dann herum und ging los. Das Dorf war nicht allzu weit weg und nach einer Weile laufen kam er dann auch an. Da wären wir. Das Gebäude dahinten ist es, geht einfach mal hin. Mindestens einer der beiden Aufseher müsste da sein. Und denkt dran, keine komischen Wörter benutzen. Dann ging er auch schon ohne weiter Worte und lies die beiden stehen.

Alter, hier ist echt ein Dorf... murmelte Itazura.

Das ist echt schräg.. Yasashi betrachtete das Gebäude, sah kurz zu Itazura und ging dann in Richtung dieses Heims. Zögernd öffnete er die große Tür und trat dann hinein. Bevor er auch nur einen weiteren Schritt machen konnte, hörte er eine Stimme. Hey! Was macht ihr hier!? Vor ihnen stand nun ein blonder Mann in einem ordentlichen Anzug und funkelte die beiden misstrauisch an.
Ein Mann mit weißen Haaren und lila Augen hat uns hergeschickt. Er sagte sein Name wäre Moji oder so. erklärte Yasashi und versuchte nicht nervös zu wirken. Der Ort hier jagte im irgendwie Angst ein.
Der Typ sah die beiden noch eine Weile schweigend an und nickte dann. In Ordnung. Ihr müsst wissen, dass außer den Heimkindern sonst niemand hier rein darf. Tut mir leid, falls ich etwas gereizt war. Mein Name ist Tenshi Hitomaru. Ich bin einer der Aufseher hier im Heim.

Toll brummte Itazura nur. Und kann man hier irgendwie seine Eltern erreichen, oder geht ihr alle Kilometerweit um jemandem was zu sagen? fragte sie mit total genervter Tonlage. Ich geh nämlich sicher nicht wieder in irgendein blödes Heim und wenn ich draußen schlafen muss, das Alte war schon blöd genug. Sie schrak kurz zusammen und drehte herum, als die große Tür hinter ihr quietschte und dann geschlossen war. Ein Schatten war vor ihnen leicht zu erkennen, aber undeutlich. Nur ein rotes Aufleuchten der Augen war gut sichtbar.

Junge Dame ohne Eltern wirst du nirgendwo hingehen, wenn du von uns keine Erlaubnis dazu hast drang eine dunkle, unheimlich klingende Stimme zu ihr durch, die sie kurz erschaudern lies. Genau deswegen hat Herrn Sakeme euch auch hergeschickt.

Kasai, erschreck doch bitte die armen Kinder nicht so. Sie sehen total fertig aus, bestimmt haben sie viel durchgemacht. Tenshi sah nun zu der Stelle, an der die roten Augen aufleuchteten.

Yasashi schüttelte nur den Kopf. Unser Vater ist nur nicht hier, wir .. haben uns verlaufen. Also können wir hier nun unseren Vater irgendwie kontaktieren? Wenn nicht, dann würden wir gerne wieder gehen.

Tenshi lächelte, ging aber nicht auf das ein, was Yasashi sagte und sah dann zu Kasai. Könntest du die beiden bitte zu den anderen bringen? Ich muss noch etwas erledigen. Ohne ein weiteres Wort zu sagen verschwand er in den Fluren des Heims und war außer Sichtweite.

Etwas erledigen na klar murmelte Kasai nur und sah die beiden nur schweigend an. Irgendwelche Verwandten kontaktieren könnt ihr, wenn die Zeit dafür ist. Die ist jetzt aber nicht. Folgt mir. Der letzte Satz war besonders scharf betont worden und duldete keine Widerrede. Er schritt an den beiden vorbei und ging los in die Richtung des Zimmers der anderen.

Itazura war der Typ wirklich unheimlich. Ausnahmsweise ohne zu widersprechen folgte sie ihm lieber, anstatt ihn noch wütend zu machen. Trotzdem warf sie kurz einen hilfesuchenden Blick zu Yasashi.

Yasashi kam sich ein wenig verloren vor. Das Gebäude war recht groß für ein Waisenhaus und dieser Betreuer sah nicht gerade freundlich aus. Trotzdem folgte er ihm, ohne ein Wort zu sagen. Er wollte sich auch nicht vorstellen, was er mit ihnen anstellen würde, wenn er widersprechen würde. Aber wenigstens hatten sie später eine Chance ihren Vater anzurufen.

Hayato sah auf, als Kasai den Raum betrat, gefolgt von zwei Jugendlichen, die er noch nie im Dorf gesehen hatte. Er musterte die beiden misstrauisch und starrte dann Kasai an. Was machen die hier? Den Raum durften keine gewöhnlichen Menschen betreten und die beiden sahen ihm nicht gerade außergewöhnlich aus, abgesehen von ihrer merkwürdigen Kleidung.